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Wirtschaftsstandort

5. Dezember 2024

Bürokratie, Fachkräftemangel, schwächelnde Konjunktur: Niedersachsens Bürger bangen um ihren Wirtschaftsstandort

Nicht nur die Konjunktur hat sich in den vergangenen anderthalb Jahren spürbar eingetrübt. Immer mehr Bürger in Niedersachsen haben die Hoffnung auf einen schnellen Aufschwung verloren. Stattdessen macht sich Unsicherheit breit – über die Zukunft des Wirtschaftsstandorts und die eigenen Aussichten.

Mehr als der Hälfte der Niedersächsinnen und Niedersachsen überkommt ein mulmiges Gefühl, wenn sie an die wirtschaftliche Entwicklung ihres Bundeslandes in den bevorstehenden sechs Monaten denken. 54 Prozent erwarten, dass die konjunkturelle Talfahrt weitergeht. Und nur einer von zehn klammert sich an die Hoffnung, dass die Krise schon bald überstanden sein wird. Das ergab eine repräsentative Umfrage, die das Institut für Demoskopie Allensbach kürzlich im Auftrag der Drei-Quellen-Mediengruppe erstellt hat.


Darin zeigt sich vor allem, dass sich im Laufe des Jahres 2024 nicht nur die Konjunktur zusehends eingetrübt hat. Auch die Erwartungen der Menschen für das kommende Jahr haben sich deutlich verschlechtert. So glauben mittlerweile 71 Prozent der Befragten, dass Deutschland kein attraktiver Wirtschaftsstandort mehr ist. Zum Jahresanfang waren es noch 63 Prozent. Die Niedersachsen halten ihr Bundesland als Wirtschaftsstandort zwar noch attraktiver als den Rest der Bundesrepublik. Aber auch hier ist die Zahl derer, die düstere Wolken am Horizont über Niedersachsen aufziehen sehen, innerhalb der vergangenen Monate gewachsen. Gaben im Sommer 2023 noch knapp ein Drittel der Befragten an, die Attraktivität Niedersachsens als Wirtschaftsstandort habe sich verschlechtert, so sind es im November 2024 knapp die Hälfte.


Dr. Volker Schmidt, Geschäftsführer der Drei Quellen-Mediengruppe, und Prof. Dr. Renate Köcher, Geschäftsführerin des Instituts für Demoskopie Allensbach, stellen die jüngsten Ergebnisse des Niedersachsen-Monitors vor. [ Foto: Scheffen ]



„Der wachsende Vertrauensverlust in den Standort ist ein Alarmsignal für alle Parteien,“ mahnt Dr. Volker Schmidt, Geschäftsführer der Drei Quellen-Mediengruppe, und ergänzt: „Dieser offenbar tiefsitzende Pessimismus zeigt die Dringlichkeit einer entschlossenen Politik, die nicht nur auf kurzfristige Maßnahmen setzt, sondern langfristig Vertrauen aufbaut, um unseren Standort nicht zu gefährden. Beinahe täglich werden Standortentscheidungen gegen Deutschland und gegen Niedersachsen getroffen. Das darf nicht im Interesse der Politik sein und schadet unseren Zukunftsaussichten.“



Aber wo hat dieser Pessimismus seine Wurzeln? Sind es in erster Linie die zahlreichen Schreckensmeldungen aus Branchenriesen wie VW, Continental oder der Meyer Werft, die das Gefühl von Unsicherheit schüren? Oder greift die wirtschaftliche Talfahrt auch bereits in das alltägliche Leben der Menschen ein? Eine Übersicht der wichtigsten Ergebnisse der Allensbach-Befragung:


Bürokratie, Fachkräfte und ärztliche Versorgung: Die Top Drei der drängendsten Probleme für das Land

Warum einfach, wenn es auch kompliziert geht? Dieser Eindruck prägt die Bürgerinnen und Bürger in Niedersachsen zunehmend. Seien es übergreifende Themen wie die Elektronische Patientenakte oder Alltagserfahrungen wie das Beantragen eines Personalausweises – immer häufiger verzweifeln die Menschen mehr oder weniger an den Anforderungen, mit denen die deutsche Regelungswut sie konfrontiert. Und nicht nur sie: Gefragt nach den größten Herausforderungen, denen Niedersachsen gegenübersteht, halten 60 Prozent die überbordende Bürokratie für das größte Übel.


Im vergangenen Jahr sahen die Befragten noch zwei andere Themen als dringlicher an. Diese finden sich nun auf den Plätzen 2 und 3: der Fachkräftemangel (59 Prozent) und – damit indirekt verbunden – der Mangel an ärztlicher Versorgung auf dem Land (57 Prozent). Vor allem in einem Flächenland wie Niedersachsen eine Herausforderung, die die Politik nicht unterschätzen darf.



Sorge um die Unternehmen: Schlechte Nachrichten aus den Betrieben treiben die Bürger um

Die große Unsicherheit, die in den Firmen herrscht, nimmt zunehmend Einfluss auf die Haltung der Niedersächsinnen und Niedersachsen. Seien es drohende Massenentlassungen und Standortschließungen bei VW, die öffentlichkeitswirksame Rettung der Meyer Werft mit staatlichen Geldern oder die jüngste Ankündigung von Continental, sich von der Automotive-Sparte trennen zu wollen – Vorgänge wie diese bringen mittlerweile mehr als jeden zweiten Befragten dazu, sich Sorgen über die Zukunft der niedersächsischen Wirtschaft und insbesondere großer Industrieunternehmen zu machen. Im Vorjahr trieb die Situation der niedersächsischen Unternehmen nur knapp jeden Dritten um.

Dementsprechend deutlich fällt der Appell an die Politik aus: 70 Prozent der Befragten verlangen in diesem Sektor mehr Engagement der Landesregierung. Kompetenz in wirtschaftlichen Fragen wird hierbei vor allem der CDU zugeschrieben (35 Prozent). Nur 22 Prozent halten in dieser Frage die SPD für geeigneter.



Persönliche Betroffenheit: So sehen die Niedersachsen ihre eigene wirtschaftliche Zukunft

Die anhaltend schlechten Nachrichten aus der Wirtschaft führen dazu, dass sich die Niedersächsinnen und Niedersachsen zunehmend auch um ihre eigene wirtschaftliche Zukunft Gedanken machen. Niedersachsens Wohlstand ist stark von der Autoindustrie abhängig und viele Arbeitsplätze direkt oder indirekt mit dieser Industrie verbunden. Das Straucheln dieser Branche führt nun dazu, dass zunehmend mehr Menschen in Niedersachsen das Gefühl haben, ihre Zukunft nicht mehr verlässlich planen zu können oder sogar um ihren Arbeitsplatz bangen müssen. War zum Jahresbeginn die große Mehrheit der Berufstätigen noch davon überzeugt, die Entwicklung ihres Betriebes und die Sicherheit ihres Arbeitsplatzes verlässlich einschätzen zu können, ist die Zahl derjenigen, die ihren Arbeitsplatz mittlerweile als unsicher einschätzen, seit Jahresbeginn von 29 auf 40 Prozent gestiegen.



Dass das eigene Unternehmen in eine schwierige Lage kommt, befürchtet mittlerweile knapp die Hälfte der Beschäftigten – 13 Prozent mehr als zu Jahresbeginn. Trotz des zwischenzeitlichen Rückgangs der Inflation macht sich die überwältigende Mehrheit Sorgen um weiter steigende Preise in der Zukunft: 84 Prozent sind unsicher, wie sich die Energiepreise entwickeln, 83 Prozent befürchten eine weitere Verteuerung der Lebensmittel.

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